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Ärztlicher Direktor verabschiedet sich in den Ruhestand
Ruhig, hartnäckig, stets zuverlässig und korrekt - so lobt man den scheidenden Chefarzt des Rodewischer Fachkrankenhauses. Nach 40 Jahren Tätigkeit als Arzt am Krankenhaus für Psychiatrie und Neurologie in Rodewisch ist gestern Dr. Uwe Grunewald in den Ruhestand verabschiedet worden. 40 Jahre, das ist ein Drittel jener Zeit, die die Rodewischer Einrichtung bereits besteht.
Für den scheidenden Chefarzt sind es Jahre, in denen er mit der Einrichtung verbunden war, 20 Jahre auch als Wohnung und Zuhause. Als er 1973 seine Facharztausbildung in Rodewisch begann, war das Krankenhaus überregional "ein Begriff für Aufbruch und Neugestaltung in der Psychiatrie", sagte er gestern. "Zellen und Zwangsjacken waren längst abgeschafft, es gab offene Abteilungen. Beschäftigungs- und Arbeitstherapie wurde hoher Stellenwert beigemessen." Aber es gab auch noch die großen Schlafsäle mit keinerlei Rückzugsmöglichkeit für die Patienten. Noch bis 1999 dauerte es, dass mit der Fertigstellung des sanierten Gebäudes für die Abteilung "Allgemeine Psychiatrie" komplett auf eine geschlossene Aufnahmestation verzichtet und Frauen und Männer auf gemeinsamen Stationen behandelt wurden. "Das war ein Vorbild für ganz Deutschland", sagte Alf-Rüdiger König vom Sächsischen Ministerium für Soziales.
Nachwuchsgewinnung und -förderung lag Grunewald besonders am Herzen. Insgesamt 31 Fachärzte hat er selbst ausgebildet. Eine in den Jahren 2008 und 2009 entstandene kritische Situation bei der Besetzung mit Ärzten konnte unter anderem auch deshalb überwunden werden, weil der Chefarzt mit der Teilnahme an Messen neue Wege beschritt. Ganz wird Grunewald dem Krankenhaus nicht den Rücken kehren. Er bleibt dem Haus als Arzt in der Psychiatrischen Institutsambulanz erhalten.
Sein Nachfolger, Dr. Dr. Niels Bergemann, freut sich auf seine Tätigkeit am Rodewischer Krankenhaus, die wegen der verschiedenen Fachbereiche umfassender sei als seine bisherige im hessischen Bad Arolsen. Bergemann ist vor allem ein Spezialist auf dem Gebiet der Psychosomatik.
Rodewischer Thesen
Vor 50 Jahren war das Fachkrankenhaus Ausrichter des 1. Internationalen Symposiums über Psychiatrische Rehabilitation. Damit wurde das Bemühen der Einrichtung um eine fortschrittliche und humane Patientenversorgung gewürdigt. Das Symposium war ein Meilenstein sozialpsychiatrischer Reformbemühungen in Ostdeutschland, der unter dem Begriff "Rodewischer Thesen" Bekanntheit und Anerkennung für das Krankenhaus brachte und Eingang in die Psychiatriegeschichte fand.
Kernpunkte der Rodewischer Thesen sind:
Optimale Therapie kommt nur unter optimalen Bedingungen optimal zur Wirkung. Akut und chronisch Kranke können zum überwiegenden Teil auf völlig offenen Krankenstationen geführt werden. Aus vorwiegend geschlossenen Heil- und Pflegeanstalten haben sich vorwiegend offene psychiatrische Fachkrankenhäuser zu entwickeln.
Heike Mann, Freie Presse 4.7.2013
04.07.2013