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Forensische Wohngruppe startet mit zwei Patienten
Keine Gitter vor den Fenstern. Die Tür steht offen, sodass man zum Rauchen raus auf den Balkon oder zum Grillplatz runter gehen kann. Das ist die offene Station der Forensischen Klinik in Rodewisch, die seit 1. Juli bewohnt wird. Zurzeit von zwei Männern, 28 und 46 Jahre alt. Der eine ist sieben Jahre, der andere neun Jahre im Maßregelvollzug. Beide haben als Lockerungsstufe Einzelausgang im Krankenhausgelände. Nur wer mindestens das hat, darf in die neue Wohngruppe einziehen.
"Mir geht es gut, ich fühle mich wohler hier", sagt der jüngere der beiden Männer. Er beschreibt seinen Alltag: 7 Uhr aufstehen, dann zur Therapie gehen, 11 Uhr kommt er zurück, macht das Mittagessen in der Woche, in der er dran ist, dann wieder Arbeitstherapie und eine Stunde Ausgang im Gelände. Er und sein Mitbewohner müssen sich um den Haushalt kümmern, sie haben eine gemeinsame Kasse und gehen dreimal in der Woche in Begleitung eines Pflegers einkaufen. Die beiden Männer versichern, dass sie ganz gut miteinander zurecht kommen.
"Es ist ein Stück Freiheit mehr, aber ich habe Regeln, an die ich mich halte", sagt der 46- Jährige. Er ist der ruhigere Part der Männer-WG. Sein Mitbewohner dagegen erzählt viel, vor allem von dem, was er machen will, wenn er "draußen" ist. Der junge Mann freut sich auf ein Praktikum in den Werkstätten der Diakonie in Rebesgrün, er möchte mehr als die im Klinikalltag üblichen zwei Stunden am Tag arbeiten. Und er will sich einen Sportverein suchen, weil er gern körperlich aktiv ist.
Sylvia Beyerlein, Chefärztin der Forensischen Klinik, ist optimistisch, dass die zwei Männer den Schritt ins normale Leben schaffen werden. Die anderen Patienten des Maßregelvollzugs sind nach ihrer Ansicht noch nicht so weit, dass sie in die offene Station einziehen könnten. "Wir haben hier zwar fünf Plätze, aber es kommen wirklich nur die her, die in ihrer Entwicklung so weit sind", betont die Ärztin. "Wir sammeln mit dieser Art offener Station auch erst noch unsere Erfahrungen."
Am Rodewischer Fachkrankenhaus gab es schon einmal - 2002 bis 2009 - eine offene Station. Sie wurde aber wegen des schlechten baulichen Zustands aufgegeben. Für die neue wurde ein über Jahre leer stehendes Gebäude auf dem Klinikgelände vollkommen umgebaut. Von der Landesregierung gefordert war, dass jede forensische Klinik in Sachsen fünf offene Plätze vorhalten soll. "Ziel ist es, das Leben der Patienten an die Bedingungen draußen anzugleichen und dass sie so viel Selbstständigkeit wie möglich erreichen", sagt Sylvia Beyerlein.
Heike Mann
Freie Presse, 13.08.2013
13.08.2013